Michael Sturminger
Ariadne auf Naxos

Ariadne auf Naxos

Ariadne auf Naxos / 2012

One act opera with prologue

 

Music by Richard Strauss.
Libretto by Hugo von Hofmannsthal.

Production: Essen Aalto-Oper

Photos by © Matthias Jung

Production
Essen Aalto-Oper

Cast
Silvana Dussmann, Jeffrey Dowd, Heiko Trinsinger, Arman Manukyan, Michaela Selinger, Albrecht Kludszuweit, Swen Westfeld, Mark Weigel, Mateusz Kabala, Julia Bauer, Günter Kiefer, Rainer Maria Röhr, Roman Astakhov, Andreas Hermann, Astrid Kropp-Menéndez, Anja Schlosser, Francisca Devos

Musical Director and Conductor
Stefan Soltesz

Сhoreography
Christina Hennigs

Set and Costume designer
Renate Martin & Andreas Donhauser

Stage director
Michael Sturminger

Richard Strauss’ Oper „Ariadne auf Naxos“ erntet am Essener Aalto-Theater viel Jubel
Was ist eine altmodische, verstaubte Oper schon gegenüber dem coolen Auftritt einer kessen Blondine nebst dazugehöriger Boy-Group? Da kann die ehrwürdige Bühnenkunst ja eigentlich nur den Kürzeren ziehen. Dies befürchtet zumindest der Komponist in Richard Strauss’ Oper „Ariadne auf Naxos“, soll doch unmittelbar nach der Präsentation seiner neuesten Schöpfung mit so tragischem Inhalt eine Komödie gespielt werden! Es kommt aber noch schlimmer, weil auf Geheiß dessen, der das Geld für dieses musikalische Abenteuer spendiert, nun auf einmal beides gleichzeitig ablaufen soll: Tragödie und Klamauk!
Regisseur Michael Stur­minger bringt Strauss’ Nachdenken über Kunst und Musik auf die Bühne des Essener Aalto-Theaters – eine überzeugende, klare und gut nachvollziehbare Interpretation ohne jede philosophische Überfrachtung. Da werden Menschen erfahrbar wie der konsternierte Komponist, von der plappernden Zerbinetta dazu überredet, den Deal mitzumachen. Zerbinetta selbst ist mehr als nur das, was ihre komödiantische Fassade vorgibt. Sie fühlt mit, als sie der verlassenen Ariadne begegnet und ihr die Trauer über verflossene Liebe austreiben will. Das Ganze findet selbstverständlich so statt, wie Strauss und sein Librettist Hugo von Hofmannsthal es angelegt haben: als Theater auf dem Theater. Schon vor dem ersten Takt Musik geht’s reichlich geschäftig zu. Ein Bühnenbild wird zusammengebaut, Leute laufen aufgeregt herum, die Künstler machen sich fertig. Und dann geht es los, das Spiel unter verschärften Bedingungen, weil der ganze Zauber bis zu Beginn des vom Hausherrn fest terminierten Feuerwerks abgespielt sein muss. Die Kostüme der Essener Inszenierung zitieren hier die „altmodische“ Oper, dort den angesagten Chic von heute; eine intelligente Lichtregie schafft subtile Stimmungen, die Essener Philharmoniker und ihr Dirigent Stefan Soltesz sind Garanten für Strauss-Qualität vom Feinsten. Aber das war in den letzten zehn, zwölf Jahren nie anders. Ganz ausgezeichnet das zahlenmäßig äußerst üppige Sänger-Personal, überwiegend aus dem eigenen Haus. So wie Michaela Selinger als großartiger Komponist oder Jeffrey Dowd als Bacchus. Silvana Dussmann als gern gesehener Gast macht alle Leiden der Ariadne erfahrbar, Julia Bauer imponiert mit einer Zerbinetta, die den unglaublichen technischen Schwierigkeiten dieser Partie gegenüber absolut gewachsen ist. Grenzenlos war der Jubel des Premierenpublikums. Derart viele „Bravi“ hat es in Essen lange nicht mehr gegeben.

– “Weltfäliche Nachrichten”  04.12.2012
Christoph Schulte im Walde

 

ARIADNE AUF NAXOS – Essen, Aalto-Theater
Lebenslust und Todessehnsucht: Die Essener Philharmoniker unter Stefan Soltesz haben die gegensätzlichen Seiten der komplizierten Partei gleichermaßen tief durchdrungen. Musiziert wird hingebungsvoll, weich und geschmeidig, sowohl bei den intimen, kammerspielartigen Momenten als auch bei der schwelgerischen Opulenz des Finales. Ständiger Begleiter ist dabei eine gewisse Eulenspiegelei, augenzwinkernd und verspielt, bei der sich der Wiener Soltesz offensichtlich besonders wohlfühlt.  Das Ensemble wird vom Orchester auf Händen getragen, mit zum Teil sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Silvana Dussmann (Ariadne), darstellerisch ganz distanzierte Primadonna, gelingen schön phrasierte, dynamisch differenzierte Melodiebögen Ein Schönes war. Der Stimme fehlt es jedoch an Wärme und der spezifisch Strauss‘schen Leuchtkraft, die eher zu Michaela Selingers (Komponist) loderndem Mezzo gehören: Wenn sie sich zur Ekstase von Die Musik ist eine heilige Kunst aufschwingt, bleibt kaum jemand unberührt. Schlicht und einfach wunderbar ist Julia Bauer (Zerbinetta) – nicht nur wegen der brillanten, irrwitzig geläufigen Koloraturen und der vollen, runden Spitzentöne, sondern auch (und das fast noch mehr), weil ihre Virtuosität nicht Selbstzweck ist, sondern zu einem klug durchdachten, sehr sympathischen Rollenporträt gehört. Jeffrey Dowd (Bacchus), ein Aalto-Urgestein, kann diesmal nicht überzeugen: Er kämpft sichtlich mit der kurzen, aber mörderisch schweren Partie, die Stimme klingt matt und kraftlos, die hohen Töne erreicht er nur mit schmerzvoller Mühe. Dafür muß Dowd sogar vereinzelte Buhs einstecken. Aus dem Rest des perfekt aufeinander abgestimmten Ensembles ragen Heiko Trinsinger (Musiklehrer) mit charismatischem Bariton sowie Günter Kiefer (Harlekin) und Andreas Hermann (Brighella) mit schönen Soli (etwa Brighellas Es gilt, ob Tanzen, ob Singen tauge hervor. 

Regisseur Michael Sturminger liegt das Stück sichtlich am Herzen. Damit befindet er sich auf einer Wellenlänge mit seinem Landsmann Soltesz, und diese Harmonie ist in jedem Moment spürbar. Sturminger gelingt mit viel Humor, aber auch großem Respekt vor Musik und Text das Kunststück, aus den so oft blockhaft nebeneinander stehen Teilen der Oper ein (ohne Pause gespieltes) szenisches Ganzes zu schaffen. Der Lohn: Großer, langanhaltender Beifall, für das Produktionsteam ebenso wie für das fast durchweg fantastische Ensemble.

-“Operapoint” 03.12.2012
Dr. Eva-Maria Ernst